Überraschend schnell ist meine Anfrage zur Kostenexplosion des Kernfusions-Versuchsreaktors ITER eingetroffen. Die Conclusio daraus war leider vorhersehbar: Das Wissenschaftsministerium glaubt
- an wundersame Geldvermehrung (es kostet zwar das Doppelte – aber wir brauchen dafür nicht mehr Geld)
- die Lösung aller Energieprobleme durch die Kernfusion
Klingt nach „einfach naiv“. Aber wenn der Bund und Länder die Energieautarkie ja angeblich in den nächsten 20 oder 30 (oder 50) Jahren anstrebt (oder meinens das gar nicht ernst????)- wozu brauchen wir dann in 100 Jahren noch die Kernfusion? Und wo liegt der Sinn darin, die Mittel für die Kernfusions-Grundlagenforschung nicht zu beschränken, während die Förderungen für Erneuerbare Energien in Österreich ja seit Jahren beschränkt und beschnitten wurden?
Seit 2001 wurden die Kosten für ITER immer wieder gesenkt und erhöht – Der Letztstand lt. Anfragebeantwortung:
Die jüngst „berechneten“ Kostenerhöhungen: der EU-Anteil von 45 % der Baukosten ist von 2,3 Mrd auf 5,7 Mrd explodiert – der Gesamtkostenanteil von geschätzten 7,25 Mrd soll auf 6,6 Mrd (Wunsch ans Christkind?) gekürzt werden. Der Anteil Österreichs liegt bei 2,2 % (was Frau Ministerin nicht eindeutig – sondern durch Verweise auf andere Anfragen beantwortet hat) – d.h. das „Weltprojekt“ ITER kostet Österreich zwischen 145 Mio und 160 Mio Euro. Es gibt KEINE Ausstiegsmöglichkeit aus dem Projekt für die EU oder Österreich.
Die Wundersame Geldvermehrung:
Wer das bezahlen wird, steht in den Sternen. Lt. Ministerin Karl geht die Kostenerhöhung
- nicht auf Kosten anderer Forschungsprojekte in Österreich und der EU (Frage 11).
- Ob das Bundesbudget durch die Erhöhung zusätzlich belastet wird, weiß sie nicht (weils ja noch kein Budget für 2014 gibt) und
- Das EU-Budget wird nur umgeschichtet (wobei aber keine anderen Projekte beschnitten werden) – aber nicht erhöht… offenbar liegen dort die unnützen Milliarden, die keiner will nur so herum…
Spannend auch die Antwort auf die Frage, ob Österreich unbeschränkt zu dem Projekt steht, oder ob es eine Kostenobergrenze gibt, bei der wir aussteigen (wollen – können tun wir eh nicht): “ Bei Bedarf wird Österreich seine Meinung wie bisher deutlich artikulieren und seine Entscheidungen von allen relevanten Fakten abhängig machen“
Wie auch immer dieser Larifari-Satz gemeint sein sollte: bisher wurde die deutlich formulierte Meinung Österreichs immer geheimgehalten (und die Aufzählung der relevanten Fakten in der Anfragebeantwortung ist auch sehr dürftig).
Die Lösung aller Energieprobleme durch die Kernfusion
Interessant auch die Einschätzung des Wissenschaftsministeriums zu den Fortschritten in der Kernfusion: „Dass es sich bei ITER um ein Vorhaben mit zweifelhaftem Erfolg handeln soll, entbehrt jeder wissenschaftlich-technischen Grundlage. Tatsächlich sind die Fortschritte zur Erzielung von fusionsrelevanten Parametern für die Plasmadichte und die Einschlusszeit in den letzten Jahrzehnten vergleichbar mit den Erfolgen zur Miniaturisierung von Halbleiterbauelementen (Moore’sches Gesetz).“
Ein Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages beschreibt die Chancen der Kernfusion so: “ Zwischen der Entdeckung ihrer physikalischen Funktionsmechanismen und der möglichen Verfügbarkeit kommerziell nutzbarer Kraftwerke wird voraussichtlich ein ungewöhnlich langer Zeitraum von etwa 100 Jahren intensiver Forschung und Entwicklung liegen. Ob die Fusionsforschung sich gegenwärtig noch eher im Stadium der Grundlagenforschung oder bereits im Stadium der Entwicklung einer Energietechnologie befindet, lässt sich daher nicht klar sagen.“
Ob wir nach 100 Jahren intensiver Forschung die Kernfusion garantiert nutzen können, ist tatsächlich auch nicht wissenschaftlich bewiesen. Was mehr braucht man als Grundlage für die Aussage, dass ITER ein Vorhaben mit zweifelhaftem Erfolg ist?
Im Anhang eine Zusammenfassung von Fragen und Antworten – für alle, die’s genau wissen wollen…
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Parlamentarische Materialien
Anfrage
der Bundesrätin Kerschbaum, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Kostensteigerung beim Projekt ITER (Kernfusion)
Die unterfertigten BundesrätInnen stellen daher folgende
ANFRAGE:
Sehr geehrter Frau Ministerin,
Wie Sie in einem Standard-Interview vom 26. Mai berichten, beschäftigt die gewaltige Kostensteigerung des Projektes ITER derzeit eine EU-Expertengruppe, die über einen neuen Finanzierungsplan für das Projekt berät. Über einen österreichischen Standpunkt in dieser Frage finden sich aber keine Informationen.
ITER ist ein gemeinsames Forschungsprojekt der sieben gleichberechtigten Partner, Euratom, Japan, Russland, China, Südkorea, Indien und USA, wobei Europa mit 45 % einen Großteil der Kosten übernimmt. Die Kostensteigerungen werden das EURATOM-Budget und damit indirekt auch das österreichische Budget massiv belasten. Im Hinblick auf die desaströsen Einsparungsmaßnahmen an Österreichs Universitäten ab 2013 (siehe auch die Resolution der Universitätenkonferenz am 31. Mai) sind die Mehrausgaben für ITER aus dem Forschungsbudget zu Lasten der Forschung und Lehre in Österreich untragbar!
Einleitend muss ich festhalten, dass sich Österreich gemeinsam mit allen anderen Mitgliedstaaten
weiterhin zu diesem internationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekt im Sinne
einer langfristigen, alle Möglichkeiten sondierenden und global orientierten Zukunftssicherung
bekennt. Diese weitblickende, solidarische Perspektive orientiert sich aber auch an den Möglichkeiten
und Erfordernissen der Gegenwart. Bei allem Verständnis für die Unvorhersehbarkeiten
und Probleme eines derart komplexen Projekts hat Österreich stets einen klaren Standpunkt
hinsichtlich Kostenkontrolle vertreten und zusätzliche Mittel aus dem nationalen Haushalt strikt
abgelehnt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:
1 .Wie haben sich die Kostenschätzungen für das Gesamtprojekt ITER und insbesondere für den europäischen Finanzierungsanteil von Beginn an bis heute entwickelt?
Zu Frage 2
Nach Fertigstellung des aktuellen generischen ITER Designs wurden 2001 die Kosten für den Bau in der damals verwendeten Verrechnungseinheit IUA (ITER Unit of Account, 1 IUA = 1000 $ zum Wert Jänner 1989) auf 3578 kIUA geschätzt, entsprechend etwa 5,1 Mrd. € bzw. 2,3 Mrd. €
(2,68 Mrd. zu Preisen 2008) für den EU-Anteil von rund 45 %. Diese Schätzung auf alleiniger Basis der technischen Spezifikationen ohne Standort- und Durchführungskosten diente auch als Basis für den ITER-Vertrag 2006 der dann 7 Partner EU (Anteil 5/11) und China, Indien, Japan, Süd-Korea, Russland, USA (je 1/11) vereint hat. Im Zuge der weiteren Detaillierung des Projekts, der Berücksichtigung von Designänderungen und des technischen/technologischen Fortschritts erfolgte 2008 eine Aktualisierung der Kostenschätzung für den EU-Anteil zu 5,87 Mrd. € (nur Bau inkl. Risikovorsorge). Die aktuelle Gesamtkostenschätzung der Kommission von März 2010 beträgt 7,25 Mrd. € (in Preisen 2008) für die Zeit bis 2020, die Mitgliedstaaten fordern eine Beschränkung auf 6,6 Mrd. €.
2. Woraus ergeben sich die aktuell bekannten Kostensteigerungen für das Projekt
ITER? Wie haben sich die Kosten für Planung, Bewilligungen, Hardware- Komponenten, Software-Komponenten über die Zeit hinweg entwickelt.
Zu Frage 2:
Die Kostensteigerungen seit 2001 haben folgende Gründe:
1. Notwendigkeit zusätzlicher hochkomplexer Komponenten aufgrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse;
1. Inflation seit 2001;
2. Überproportionale Kostensteigerungen (weit über der Inflationsrate) bei vielen Rohstoffen, speziell hochpreisigen;
3. Starker Anstieg der Komplexität der Projektintegration und der Schnittstellen durch Änderungen der Voraussetzungen für die Durchführung des Projekts (2001 waren 3 Partner vorgesehen, jetzt sind es 7);
4. Infrastruktur- und Managementkosten wurden 2001 nicht spezifiziert, da weder der Standort bekannt war noch die institutionelle Abwicklung der europäischen Beteiligung (z.B. Kosten für 28 Gebäude von. ca. 600 Mill. €; völliger Neuaufbau einer eigenen Organisation – F4E (Fusion for Energy) – in Barcelona als sog. „Domestic Agency“);
5. Die Probleme bei der Umsetzung und weiteren technischen Detaillierung des generischen Designs 2001 in ausschreibungsreife Unterlagen;
6. Die verbesserten Kostenschätzungen für alle Komponenten inklusive realistischer Risikozuschläge;
7. Die Notwendigkeit höherer Ressourcen für die Qualitätssicherung und die Notwendigkeit von zusätzlichen Abnahmetests der einzelnen Komponenten vor Ort.
3. Wie hoch sind Kostensteigerungen der aktuell vorgelegten ITER-Finanzpläne
gegenüber dem verabschiedeten Budgetansatz
a) für das gesamte ITER-Projekt,
Die Partner (bzw. ihre Domestic Agencies – DA) sind nicht verpflichtet, ihre Kosten offenzulegen. Daher kann mangels Daten von den 6 anderen ITER-Partnern keine Angabe gemacht werden. Die Partner stehen voll hinter der von der ITER-Organisation vorgelegten Zeitplanung für den ITER-Bau und damit auch zu den damit für sie verbundenen Kosten und Verpflichtungen zur in-kind Lieferung der diesen Partnerländern zugeteilten Komponenten bzw. Zahlungen in-cash. Inoffiziell kursieren Gesamtkosten zwischen 11-15 Mrd. €, die jedoch bisher nicht verifiziert werden konnten. Aus den Erfahrungen Europas ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass auch alle Partner von ähnlichen Kostensteigerungen betroffen sind.
b) für den EURATOM-Anteil,
Laut Kommission beträgt der EURATOM-Anteil 5,9 Mrd. € (in Preisen 2008, Stand 2010), falls die Gesamtkosten 7,25 Mrd. € betragen, entsprechend weniger, wenn die Kosten – wie von Österreich deutlich und wiederholt gefordert – auf 6,6 Mrd. € begrenzt werden.
c) für den Anteil, den Österreich über EURATOM mitzufinanzieren hat?
Der österreichische Beitrag zur EU enthält keine Spezifizierung hinsichtlich eines Beitrags
zu EURATOM (siehe auch Beantwortung der Frage 4).
d) In-kind Beiträge (Lieferung von Komponenten und Errichtung der Gebäude)
5.128 Mill. € (Preise 2008) – verglichen mit 1.735 Mill. € (2001)
e) In kind Beiträge Österreichs
Keine
4. Wie hoch war bzw. ist der österreichische Beitrag aus EURATOM (bitte
aufgeschlüsselt nach Jahren und Haushaltstitel) von Projektbeginn bis Beginn der Inbetriebnahme des ITER-Projekts?
Zu Frage 4:
Zu den Fragen 3 c. und 4. weise ich darauf hin, dass das so genannte „EURATOM-Budget“ in der jüngsten Vergangenheit bereits Gegenstand mehrerer parlamentarischer Anfragen war. Ich verweise insbesondere auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 909/J-NR/2009 XXIV[1]. GP (1001/AB) durch meinen Amtsvorgänger sowie auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 1337/JNR/2009 XXIV. GP (1379/AB)[2] durch den Herrn Bundesminister für Finanzen. Diesen Darstellungen ist weiterhin nichts hinzuzufügen.
5.Stehen die ITER-Kostenerhöhungen in einem Zusammenhang mit den, von der Unikonferenz kritisierten, massiven Einsparungen an Österreichs Universitäten ab 2013?
a) Wenn ja, welchen Anteil an der Personalkürzung von kolportierten 3000 Lehrenden hat das Projekt ITER?
b) Wenn ja, wie ist das zu rechtfertigen?
Zu Frage 5:
Nein.
6. Was ist der aktuelle Stand der Beratungen auf EU-Ebene im ITER-Projekt?
Zu Frage 6:
Vom Rat Landwirtschaft und Fischerei wurden am 12. Juli 2010 im Hinblick auf das Juli-Treffen des ITER-Council „Schlussfolgerungen des Rates zum ITER-Projekt: aktueller Stand und Zukunftsperspektiven“ verabschiedet.
7. In welchen Gremien waren MitarbeiterInnen ihres Ministeriums in die
einschlägigen Beratungen beigezogen?
Zu Frage 7:
Im Beratenden Ausschuss für das Euratom-Programm (Fusion), in der Ratsarbeitsgruppe „Forschung/Atomfragen“ und in der ITER Task Force.
8.Mit welchen Bundesministerien werden Positionen Österreichs zum ITER- Projekt akkordiert?
Zu Frage 8:
Bundesministerium für Finanzen, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft, Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und Bundesministerium
für europäische und internationale Angelegenheiten.
9. Welche Auswirkungen haben die Kostensteigerungen beim ITER-Projekt auf die Finanzplanung des Bundes in den kommenden Jahren?
Zu Frage 9:
Diese Fragestellung entzieht sich mangels konkreter Daten für die nächste finanzielle Vorausschau der EU ab 2014 und wegen der Zuständigkeit des BMF für die Finanzplanungen des Bundes im Hinblick auf den EU-Beitrag einer Beantwortung.
10. Wenngleich es sich beim ITER-Projekt um ein Vorhaben aus dem Bereich der Grundlagenforschung handelt, wie beurteilen Sie die enormen Kosten vor dem Hintergrund eines auch aus heutiger Sicht zweifelhaften Erfolges?
Zu Frage 10:
Dass es sich bei ITER um ein Vorhaben mit zweifelhaftem Erfolg handeln soll, entbehrt jeder wissenschaftlich-technischen Grundlage. Tatsächlich sind die Fortschritte zur Erzielung von fusionsrelevanten Parametern für die Plasmadichte und die Einschlusszeit in den letzten Jahrzehnten vergleichbar mit den Erfolgen zur Miniaturisierung von Halbleiterbauelementen (Moore’sches Gesetz). Was die Kosten betrifft, so ist zu bedenken, dass 1. Kosten über einen Zeitraum von etwa 13 Jahren angesprochen sind, und dass 2. praktisch alle Einzelkomponenten von ITER High-Tech-Produkte sind, die in dieser oder ähnlicher Form bisher noch nie von der Industrie gefertigt wurden.
11 .Welche Projekte werden national, bzw. auf EU-Ebene zurückgestellt werden um die ITER-Kostensteigerungen abzudecken?
Zu Frage 11:
Keine. Auf EU-Ebene wird es zu Umschichtungen kommen, die aber zu keinen Einschränkungen bei bestehenden Projekten führen.
12. Wie beurteilen Sie das bisherige Projektmanagement des ITER-Projektes, welchem es sichtlich nicht gelungen ist, eine solide Kostenplanung einzuhalten?
Zu Frage 12:
Dass das ITER-Projektmanagement neben all den Erfolgen auch Fehler gemacht hat, ist heute unbestritten und wurde in einem internationalen Evaluierungsbericht dokumentiert. Entsprechend wird die Ablöse des derzeitigen ITER-Generaldirektors in Kürze erfolgen. Einer straffen Koordination durch das ITER-Management steht zum Teil die gewählte Projektorganisation mit 7 Partnern („Procurement sharing“) entgegen, die den jeweiligen „Domestic Agencies“ weitgehende Freiheiten bei der Bereitstellung der Komponenten einräumt. Es muss jedoch festgehalten werden, dass gerade die Erstellung eines endgültigen, zeitgemäßen und belastbaren Kostenplans für das ITER-Projekt in den letzten drei Jahren zu den Hauptaktivitäten der ITER-Organisation gezählt hat. EU-interne sowie internationale Evaluierungen der Kostenplanungen haben zu einem weltweiten Konsens darüber geführt, dass das Projekt mit dem vorliegenden Kostenrahmen realisiert werden kann. Letzteres aber nur, wenn der Zeitplan eingehalten wird und keine weiteren Verzögerungen entstehen.
13. Ab welchen Ausmaßes an Kostensteigerungen werden Sie dafür eintreten das Projekt unmittelbar zu stoppen, bzw. haben Sie diesbezüglich bereits Initiativen gesetzt und wenn ja, wann und wie?
Zu Frage 13:
Die Mitgliedstaaten haben sich in ihren aktuellen Diskussionen darauf verständigt, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, indem zukünftig nach dem Prinzip „design follows costs“ vorzugehen ist. Sie gehen davon aus, dass die Begrenzung des Beitrags aus dem EU-Haushalt zu einer strengen Überwachung führt und – zusammen mit der jährlichen Berichtslegung hinsichtlich der Umsetzung des Kostenbegrenzungs- und -einsparungsplans – als ausreichender Anreiz für effizientes Management und Kostenbegrenzung wirkt. Weiters muss F4E dem Rat bis 26. November 2010 einen Plan vorlegen, wie die Kosten unter Berücksichtigung notwendiger unvorhersehbarer Ausgaben wirkungsvoll begrenzt und möglichst weitere Einsparungen erzielt werden sollen. Bei Bedarf wird Österreich seine Meinung wie bisher deutlich artikulieren und seine Entscheidungen von allen relevanten Fakten abhängig machen.
14. Sind ihrerseits personelle Veränderung in den ITER-Gremien angebracht und wenn welche?
Zu Frage 14:
Österreich ist nicht in der Position, personelle Änderungen in der ITER-Organisation oder in F4E vorzunehmen, wird aber in allen EU-internen (Beratungs-)Gremien kritisch die Entwicklungen verfolgen und – unter Berücksichtigung der Besonderheiten dieses weltweit einmaligen Zukunftsprojekts – weiterhin sachlich gerechtfertigte Positionen und eine restriktive Kostenkontrolle vertreten.
15. Enthält der ITER-Vertrag Ausstiegsklauseln, die z. B. bei unvorgesehenen Kostensteigerungen wirksam werden können oder hat sich EURATOM verpflichtet, alle Kostensteigerungen in unbegrenzter Höhe mitzutragen?
a) So das einschlägige Vertragswerk keine Kündigungsklausel enthält: Warum hat dies im Zuge der Textierung des Vertrages keine Beachtung gefunden hat?
b) Was war die Position Österreichs im Vorfeld der Vertragserstellung bzgl. Ausstiegsklauseln?
Zu Frage 15:
Ausstiegsklauseln, die bei Kostensteigerungen wirksam werden, sind nicht enthalten.
a. Die 7 Partner sind mit der festen Überzeugung der Machbarkeit in dieses Projekt gegangen.
b. Bei den enormen Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, um den ITER-Standort
nach Europa zu holen, wäre aus damaliger Sicht eine Diskussion um Ausstiegsklauseln
als kontraproduktiv und die Interessen Europas schädigend angesehen worden.
16. Gehen Sie davon aus, dass das nun vorgelegte Anlagendesign endgültig ist bzw. von welchen Rahmenbedingungen ist es abhängig, dass erneut Projektänderungen verbunden mit Kostensteigerungen eintreten?
Zu Frage 16:
Das so genannte „Baseline Design“, das Ende Juli 2010 vom ITER Council beschlossen werden soll, beinhaltet die Grundzüge des Projekts, d.h. den Umfang (das endgültige Anlagendesign), den Zeitplan und die Kosten für den Bau von ITER. Im Falle der Zustimmung herrscht Konsens zwischen der ITER-Organisation und den 7 Domestic Agencies, dass das ITER-Projekt unter diesen Bedingungen realisiert werden kann.
17. Welchen Optimierungsbedarf sehen Sie bei der Arbeit der europäischen ITER- Agentur „Fusion for Energy“ (F4E)?
Zu Frage 17:
Die Evaluierung der ITER-Agentur hat ergeben, dass primär interne Strukturen und Prozessabläufe zu optimieren sind, um dem wesentlichen Auftrag der Agentur, nämlich der Beschaffung und begleitenden Qualitätskontrolle der in-kind Komponenten für ITER, besser gerecht zu werden. Die Umsetzung der Empfehlungen wird derzeit durch den neuen Direktor von F4E implementiert.
18. Gibt es zu F4E weitere nationale Unterorganisationen?
Zu Frage 18:
Nein. F4E ist jedoch aktiv bemüht, nationale Organisationen und Interessenvertretungen optimal über die anstehenden Aufträge zu informieren. Zu diesem Zweck verfügt jedes Mitgliedsland über einen „Industrial Liaison Officer“. Im Falle Österreichs wird diese Rolle von der WKO wahrgenommen.
19. Warum wurde der bisherige Direktor von F4E, Didier Gambier, am 11. Januar 2010 abgelöst? Welche Rolle spielten dabei die Feststellungen des EU-Rechnungshofes vom November 2009 über den Jahresabschluss von ITER 2008, die unter anderem mehrere Verletzungen der Finanzordnungen kritisiert?
Zu Frage 19:
Die Reaktion auf berechtigte Kritik zeigt einerseits das hohe Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten und andererseits die Bereitschaft zur Neuausrichtung der Leitung der europäischen ITER-Agentur in der mehr industrie- und auftragsorientierten zweiten Phase von F4E. Zum RHBericht ist aber auch festzuhalten, dass das Europäische Parlament für das Haushaltsjahr 2008 dem Direktor im Mai 2010 mit 544 zu 31 Stimmen (64 Enthaltungen) die Entlastung erteilt und den Rechnungsabschluss gebilligt hat. Bei aller Sorge um das bestmögliche Funktionieren dieser Spezialeinheit im High-Tech-(Beschaffungs-)Bereich ist auch darauf zu verweisen, dass der Rechnungshof erklärt hat, er habe mit angemessener Sicherheit feststellen können, dass der Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2008 zuverlässig ist und die zugrunde liegenden Vorgänge rechtmäßig und ordnungsgemäß sind sowie, dass dem Direktor von Seiten des Aufsichtsgremiums von F4E Dank und Anerkennung für die geleistete Aufbauarbeit ausgesprochen wurde (eine Aufbauarbeit, die im Zeitraum von etwa 2 Jahren zur Etablierung einer Organisation mit ca. 220 Mitarbeitern, zum überwiegenden Teil Spezialisten aus allen Mitgliedsländern der EU, geführt hat).
20. Wen wird Österreich in die geplante „EU-Task-Force“ entsenden?
Zu Frage 20:
Österreich hat in die Task Force einen leitenden Beamten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung mit langjähriger EU- und Verhandlungserfahrungen entsandt. Die Task Force hat Ende Juni ihre Arbeit beendet.
21. Wann wird die EU-Kommission die angeforderten Finanzierungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung eines Darlehens der Europäischen Investitionsbank (EIB) bzw. einer Neugewichtung der Prioritäten bei den im gegenwärtigen EU- Haushaltsplan eingesetzten Mitteln voraussichtlich vorlegen?
Zu Frage 21:
In den bereits erwähnten Schlussfolgerungen wird die EK aufgefordert, „zu gegebener Zeit“ einen Vorschlag vorzulegen. Dieser Vorschlag wurde von der EK am 21. Juli 2010 den Mitgliedstaaten übermittelt, der aktuell von den haushaltsführenden Institutionen (Rat, Parlament) diskutiert wird.
22. Welche finanziellen Vorteile sprechen für ein EIB-Darlehnen gegenüber einer direkten Aufstockung aus dem EU-Budget?
Zu Frage 22:
Ein Darlehen erlaubt die Verteilung der Mittel über mehrere Jahre, verringert also aktuelle
Finanzspitzen um den Preis zukünftiger Belastungen.
23. Unterstützt die Bundesregierung die Möglichkeit einer Finanzierung der Kostensteigerung beim ITER durch ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder durch eine Neugewichtung der Prioritäten? Wenn ja – welche Projekte sollen dann konkret als „weniger dringlich“ zurückgestuft werden?
Zu Frage 23:
Aus Sicht des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung stellt ein EIB-Darlehen in erster Linie dann eine Möglichkeit zur Projektvorfinanzierung dar, wenn es in der Folge Gewinne zur Rückzahlung gibt. Aus österreichischer Sicht sollten die Mittel aus Umschichtungen des laufenden Finanzrahmens im EU-Haushalt aufgebracht werden.
24. Wann soll nach heutigem Kenntnisstand in welchem Gremium die Entscheidung über eine Erweiterung der finanziellen Verpflichtung der europäischen Partner vorbereitet bzw. getroffen werden?
Zu Frage 24:
Die Entscheidungen zur Aufbringung der benötigten Mittel für die Jahre 2012 und 2013 werden nach Vorschlag der EK entsprechend den Fristenläufen der EK, des Rates und des europäischen Parlaments erfolgen. Von der EK wurde ein Vorschlag am 21. Juli 2010 übermittelt, der aktuell von den haushaltsführenden Institutionen (Rat, Parlament) diskutiert wird.
25. Wie stellt die Bundesregierung konkret sicher, dass das Österreichische Parlament vor einer abschließenden Befassung mit dem überarbeiteten Zeit- und Kostenplan auf EU-Ebene und vor der Entscheidung im ITER-Rat die Gelegenheit zur Beratung und Mitwirkung bekommt?
Zu Frage 25:
Der Rat hat mit Annahme der Schlussfolgerungen am 12. Juli 2010 die Kommission beauftragt,beim ITER-Rat im Juli die Grundzüge des ITER-Projekts zu billigen. Nach Vorlage eines Finanzierungsvorschlags durch die EK, ist dieser von der Haushaltsbehörde (ECOFIN-Rat und Budgetausschuss des EP) zu genehmigen. Beratungen wurden im EU-Unterausschuss des Nationalrates am 29. Juni 2010 zu ITER vorgenommen; der Ausschuss hat von einer schriftlichen Stellungnahme an die EK (im Rahmen des neuen Lissabon-Vertrages) abgesehen.
26. Welche Ortsteams der ITER-Organisation gibt es an welchen Standorten in Österreich?
Zu Frage 26:
Es gibt in Europa keine Ortsteams der ITER-Organisation, deshalb auch nicht in Österreich.
27. Welche österreichischen Institutionen und Firmen sind an Planung und Bau des Fusionsreaktors in Cadarache beteiligt und mit welchen Leistungen?
Zu Frage 27:
Die europäischen Aufträge werden in der Regel an Firmenkonsortien vergeben, die üblicherweise Firmen aus verschiedenen Mitgliedsländern umfassen. Konkrete Aufträge sind bisher an zwei Firmen ergangen. Weitere Firmen haben sich an Ausschreibungen beteiligt, sind aber im Wettbewerb nicht zum Zuge gekommen.
28. Ab wann und für welchen Zeitraum ist die Nutzung des Forschungsreaktors ITER vorgesehen?
Zu Frage 28:
Erste Experimente sind für Dezember 2019 vorgesehen. Der reguläre Forschungsbetrieb mit D/T-Plasma soll 2026 aufgenommen werden. Die Nutzung von ITER ist für einen Zeitraum von 20 Jahren geplant.
29. Welche Erkenntnisse erwarten Sie sich von ITER?
Zu Frage 29:
ITER ist der entscheidende nächste Schritt zur Demonstration der technischen Machbarkeit der Energiegewinnung aus Kernfusion auf der Erde. Die Anlage soll einen 10-fachen Energiegewinn – verglichen mit der benötigten Energie zur Einstellung der erforderlichen Plasmabedingungen – liefern. Zudem sind essentielle Erkenntnisse der Plasmaeigenschaften, des Brennstoffzyklus sowie der gesamten (Hoch-)Technologie zu erwarten, die die Voraussetzung für die parallele Entwicklung und gegebenenfalls den späteren Bau von Folgeanlagen, die Strom an das Netz liefern sollen, schaffen.
[1] Anm.: http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIV/AB/AB_01248/imfname_157583.pdf
Ich wiederhole, dass die Gemeinschaften (EWG, EGKS und EAG) nur zu Beginn einen eigenen Haushaltsplan und somit ein eigenes Budget hatten. Bereits seit dem „Fusionsvertrag“ von 1967 gibt es nur ein umfassendes Gemeinschaftsbudget (kein Euratom-Budget als solches!). Darüber hinaus beruht die vielfach – auch von der Fragestellerin – zitierte Summe von 40 Mio € an jährlichen Zahlungen auf einer Fehlinterpretation der Anfragebeantwortung 1001/AB XXII. GP (parlamentarische Anfrage Nr. 943/J aus dem Jahre 2004). Die Summe von 40 Mio € kommt in der Anfragebeantwortung nicht vor und kann aus dieser auch nicht abgeleitet werden. Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 1337/J-NR/2009 XXIV. GP durch den Herrn Bundesminister für Finanzen. – die gesamte Anfragebeantwortung ist ein einziger Verweis
[2] http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIV/AB/AB_01379/fname_158302.pdf
Zu 10.:
Die Gemeinschaft sieht im Rahmen des Siebten Rahmenprogramms der Europäischen
Atomgemeinschaft (EURATOM) für den Zeitraum 2007 bis 2011 insgesamt 2747,9 Mio. Euro
vor. Dieser Gesamtbetrag teilt sich wie folgt auf die einzelnen Jahre auf (in Mio. Euro):
2007: 404,2 / 2008: 496,0 / 2009: 599,3 / 2010: 617,1 / 2011 631,3 / Gesamt: 2747,9
Zum österreichischen Finanzierungsanteil wird wiederum auf die Beantwortung der Frage 1.verwiesen.
Zu 1.:
Österreich überweist keine direkten Beiträge zur Finanzierung von EURATOM-relevanten
Aktivitäten, da die Europäische Gemeinschaft seit dem Fusionsvertrag von 1967 über ein
umfassendes Gemeinschaftsbudget verfügt. Zu diesem tragen die Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (EU) mit ihren jeweiligen Mitgliedsbeiträgen bei.
Österreichische Beiträge zu einzelnen Ausgabenpositionen im strengen Sinn gibt es daher
nicht. Damit sind Ausgaben aus dem EU-Haushalt Ausgaben der Europäischen Union und
nicht der einzelnen Mitglieder. Eine Zuordnung der Beiträge einzelner Mitgliedstaaten zu
konkreten Verwendungen in Umsetzung des Euratom-Vertrages ist somit nicht möglich.
Der österreichische Finanzierungsanteil am EU-Gesamtbudget für die Periode 2006 bis 2008
beträgt rund 2,2%.
[…] BER darf keinesfalls vor dem ITER fertig werden! Das sicherste Flugzeug ist das, das nicht in die Luft fliegt, Genossinnen und […]